Interview mit Stephan Pöhler, Konstrukteur und Projektmanager bei HENKEL + ROTH zum mobile robot und Verbundprojekt freeMoVe

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Herr Pöhler, bei Ihnen laufen inzwischen alle Fäden bei den Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zum mobile robot zusammen. Wie sind Sie zu dieser Aufgabe gekommen und was fasziniert Sie daran?

Mit dem mobile robot kam ich bereits im Jahr 2013, noch während meines Studiums, in Kontakt. Im Rahmen meiner Bachelorarbeit war ich bei HENKEL + ROTH in die Forschungen zum mobile robot involviert und konnte das neue System bei Messeauftritten in der Praxis erleben.

Über die Jahre hinweg habe ich die Fortschritte des mobile robot intensiv verfolgt und finde es nun sehr spannend, verantwortlich an diesem Projekt mitzuwirken. Faszinierend ist für mich, dass der mobile robot die Grenzen der konventionellen Industrierobotik überschreitet und völlig neue Einsatzgebiete für Roboter eröffnet. Überhaupt begeistern mich neue Technologien und technischer Fortschritt.


Das heißt, dass das Konzept flexibel einsetzbarer autarker und mobiler Industrieroboter bei HENKEL + ROTH bereits seit geraumer Zeit verfolgt wird. Können Sie uns etwas über die Entstehung dieser Idee sagen?

Dr. Henkel hatte schon vor Jahren die Idee, Handarbeitsplätze zu automatisieren, um, wenn erforderlich, in der Fertigung spontan und flexibel reagieren zu können. Eine Vision war die Möglichkeit, dass in der ersten Schicht die Belegschaft arbeitet und in der zweiten Schicht der mobile robot übernimmt. Aus Gedanken wie diesen entstand schließlich der mobile robot.


Im Zusammenhang mit dem mobile robot fällt häufig das Schlagwort Mensch-Roboter-Kollaboration, kurz MRK. Was hat es damit auf sich?

Die Mensch-Roboter-Kollaboration wird immer wichtiger, da Roboter flexibler werden und heute auch dort eingesetzt werden können, wo es früher nicht möglich war. MRK bedeutet die direkte, unmittelbare Zusammenarbeit von Mensch und Maschine, beide teilen sich quasi den Arbeitsraum. So entstehen neue Montagekonzepte, die für die Ergonomie Vorteile bringen und eine höhere Qualität bei bislang schwerer Handarbeit ermöglichen. So kann der mobile robot z.B. Arbeiten wie das Heben, Transportieren und Positionieren schwerer Bauteile übernehmen. Die Menschen werden dagegen dort eingesetzt, wo sie ihre kognitiven Fähigkeiten und ihre Erfahrungen ausschöpfen können. Auch Bereiche, in denen die Programmierung mobiler Roboter zu aufwändig wäre oder wo die Automatisierung schwer umsetzbar ist, bleiben eine Domäne der Mitarbeiter.


Was zeichnet den mobile robot aus? Was macht den Einsatz dieses autarken Industrieroboters in Unternehmen attraktiv?

Attraktiv macht den mobile robot seine Einfachheit, durch die er kurzfristig und ohne aufwändige Vorbereitungen in bestehende Umgebungen eingebunden werden kann. Er ist genau dort einsetzbar, wo er benötigt wird und kann viele Aufgaben wie der Kollege Mensch lösen. Allerdings soll der mobile robot den Mitarbeiter nicht vordergründig ersetzen, sondern vor allem entlasten.


Das ist ein sehr guter Punkt. Die Vorteile des mobile robot für Unternehmen liegen also auf der Hand. Wie stellt sich das aus Sicht der Mitarbeiter dar?

Den Mitarbeitern obliegt der anspruchsvollere Teil der Arbeit, während schwere und monotone Tätigkeiten vom mobile robot übernommen werden. Die Entwicklung des mobile robot geht dahin, dass er hohe Akzeptanz von den Mitarbeitern erfährt und von ihnen als neuer Kollege akzeptiert wird, der ihnen lästige Aufgaben abnimmt, während sie sich auf die schöpferische Arbeiten konzentrieren können. Auch die Konsequenzen des demographischen Wandels, z.B. längere Lebensarbeitszeit und späteres Renteneintrittsalter, spielen bei der Weiterentwicklung des mobile robot eine wichtige Rolle. So könnte der Mitarbeiter dem mobile robot „nur noch sagen“, was er zu tun hat, z.B. Kaffee holen …


Mitarbeiter und mobile Roboter arbeiten sehr eng zusammen, sie teilen sich praktisch den Arbeitsplatz. Gibt es da nicht Probleme mit der Sicherheit?

Sicherheit ist tatsächlich ein ganz wesentliches Thema. Es müssen viele Aspekte beachtet werden, um den mobile robot dort einzusetzen, wo sich auch Personen befinden. Ein großer Schritt dahin sind die kollaborativen Leichtbauroboter, die sensitiv arbeiten. Durch den Einsatz von Sensoren werden Kollisionen vermieden.

Grundsätzlich kann ich sagen: Generelle Sicherheitsbedenken für den mobile robot gibt es nicht! Es ist allerdings eine Herausforderung, ihn so zu gestalten, dass er alle Sicherheitsnormen, Vorgaben und Richtlinien erfüllt und die Sicherheit der Mitarbeiter garantiert ist. Das ist keinesfalls trivial, sondern erordert viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit, die wir mit Sorgfalt und Verantwortungsbewusstsein leisten.

Der heutige Stand der Sicherheitstechnik erlaubt uns, vorhandene Systeme zu nutzen. Unsere Aufgaben im Sondermaschinenbau sind dann, diese Systeme individuell zu konfigurieren und sie unter Berücksichtigung der besonderen Einsatzspezifika in unsere Roboter zu integrieren.


Der mobile robot ist ein sehr komplexes System. Stellen seine Bedienung und Programmierung nicht hohe Anforderungen und starke Herausforderungen für die Mitarbeiter dar?

Das ist ein wichtiger Punkt, dem wir große Aufmerksamkeit widmen. Eine hohe Akzeptanz kann nur erreicht werden, wenn die Mitarbeiter das System verstehen. Deshalb besteht unsere Aufgabe darin, das komplexe System des mobile robot von der Bedienung her so zu gestalten, dass es einfach und mit geringem Schulungsaufwand beherrscht wird. Unsere Entwicklung zielt auf ein intuitives selbsterklärendes Bedienkonzept, das auch ohne technisches Detailwissen verstanden wird.


Können Sie die wesentlichen Besonderheiten des mobile robot im Vergleich zu klassischen Robotern nennen? Für welche Anwendungen ist der mobile robot aus Ihrer Sicht besonders sinnvoll?

Ein wesentlicher Unterschied des mobile robot zu klassischen Robotern ist seine quasi unbegrenzte Reichweite, auch über Raum- und Geländegrenzen hinaus. Dadurch kann er nacheinander an verschiedenen Orten unterschiedliche Arbeiten ausführen, während der klassische Roboter stationär, also immer am selben Ort, ist und dort eine fest definierte Aufgabe löst.

Vorteile des mobile robot sind, dass er kabellos betrieben wird und dass zur Umstellung auf eine neue Arbeitsaufgabe kaum mechanischer Installationsaufwand nötig ist.

Der mobile robot kann für die unterschiedlichsten Handhabungs- und Transportaufgaben eingesetzt werden, insbesondere dort, wo klassischen Robotern Grenzen gesetzt sind. Ein Beispiel sind Aufgaben mit flexiblen individuellen Auftragsrouten, die sich von fest installierten Robotern nicht realisieren lassen.


HENKEL + ROTH ist ein wichtiger Partner des Verbundprojekts freeMoVe. Was sind die Ziele des Projekts?

In Fokus des Projekts stehen die flexible Montage und die intelligente Verknüpfung von Produktionsanlagen, um immer individueller werdende Produkte auch in kleinsten Stückzahlen in höchster Qualität kostengünstig herzustellen. Dazu müssen flexible und nicht an starre Arbeitsvorgaben gebundene Montagesysteme entwickelt werden.

HENKEL + ROTH übernimmt im Projekt mit dem mobile robot die flexible Verknüpfung von Produktionsanlagen. Dazu muss der mobile robot so weiterentwickelt werden, dass er für viele Aufgaben nutzbar und für die Herstellung vieler Produkte geeignet ist, kurzum, dass er zu einem universell einsetzbaren offenen System wird, das alle zukünftigen Anforderungen der MRK hinsichtlich Sicherheit und Flexibilität erfüllt.


Wann wird HENKEL + ROTH die neueste (3.) Generation des mobile robot vorstellen?

Der Öffentlichkeit, so ist unser Plan, soll die nächste Generation des mobile robot auf der MOTEK 2018 vorgestellt werden.

Weitere Informationen:

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